BergAnsichten: Wieso uns die Pandemie besser macht.

Kommentar von Edgar Grämiger in Internationale Seilbahn-Rundschau 5/2020 ISR

ANFANG OKTOBER 2020: Ob, wann und wie der Skibetrieb in diesem Winter funktioniert, ist für einige Bergbahnunternehmen leider immer noch unklar. Jetzt sind unternehmerische Eigenschaften wie Weitsicht, Flexibilität und eine gewisse Risikobereitschaft gefragt. Die Entscheider müssen Herz und Verstand in dieser ungewissen Situation elastisch halten. Unkomplizierte pragmatische Kooperationen im Denken und Handeln sind gefragt.


„Das schöne Skierlebnis“ ergibt sich bekanntermassen erst durch das gelungene Zusammenspiel der Akteure. Es ist deshalb eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg im kommenden Winter, dass sich die Gäste auch an den Schnittstellen der Leistungsträger wohl und sicher fühlen. Schutz- und Hygienekonzepte müssen dies berücksichtigen. Unabhängig davon, wo es zu Infektionen kommt – in jedem Fall leidet das Image der gesamten Destination, mit allen Leistungsträgern. Animositäten oder Gärtchendenken haben keinen Platz mehr. Besser eine örtliche Arbeitsgruppe einsetzen, welche gemeinsam kreative Ideen entwickelt und anpackt.



Was können alpine Destinationen tun?

Mittels präventiver Massnahmen wird das Risiko einer Ansteckung im Skigebiet, Restaurant, Hotel, Skibus oder Sportgeschäft gemindert. Zur Prävention gehört auch eine klare Kommunikation mit deutlichen Botschaften gegenüber den Gästen. Beispiel Zermatt: „Wenn Maskenpflicht oder Mund-Nasenschutz verweigert wird, bleibt uns nichts anderes übrig, als die Bahn vorerst zu stoppen.“, machte der Präsident Franz Julen deutlich. Klare Ansage.

Viele Destinationen haben bereits digitale Instrumente, welche die Prävention unterstützen. Im Vorteil ist zum Beispiel, wer über ein etabliertes Online-Buchungssystem verfügt. Das verursacht weniger grosse Menschenansammlungen an der Tageskasse. Oder die dynamische Preisgestaltung (Dynamic Pricing). Mit deren integrierter Datensammlung und Datenauswertung (Business Intelligence) gelingt es, das Gästeaufkommen abzuschätzen und den Betrieb im gesamten Skigebiet besser zu planen. Andere Beispiele sind Besucher-Lenkungsmassnahmen in Echtzeit mittels App oder im Web, z. B. durch Zugriff auf Webcams bei Wartebereichen, mit deren Unterstützung die Gäste im Skigebiet gleichmässiger verteilt werden können. Eine online-basierte Kommunikation mit den Gästen (App, Web oder Social Media) erlaubt eine „sozial distanzierte“ Kommunikation von relevanten Inhalten. Für jedes Bergbahnunternehmen und touristische Unternehmen gilt diesen Winter: Denken und Handeln in Szenarien hat Priorität. Es wird keine Planungssicherheit geben, weil sich die Fallzahlen und behördliche Vorschriften für Wirtschaft und Gesellschaft rasch ändern können.

Die Flinte ins Korn werfen oder nachlässig einen finanziellen Crash riskieren, sind keine Optionen. Besser in abgestuften Szenarien abschätzen, wie viele Ersteintritte, Saisontickets und Nebenumsätze im Winter erwartet werden dürfen, und entsprechend vorausschauend planen.

Ein betriebswirtschaftlich nachhaltiger Bergbahnbetrieb benötigt eine bestimmte Anzahl an Ersteintritten. Für Bergbahnunternehmen mit geschlossenen Seilbahnfahrzeugen ist es relevant, wie der Betrieb mit reduzierten Kapazitäten, aber erhöhter Nachfrage erfolgen kann. Wie viele Personen gelangen an einem Spitzentag ins Skigebiet? Welche Massnahmen gibt es, um die Zubringer-Kapazität zu erhöhen und welche betriebswirtschaftlichen Folgen ergeben sich daraus?

Das Spektrum vom Best-Case- bis zum Worst-Case-Szenario muss für die Geschäftsleitung klar sein.



Ein Ausblick

Die positiven Auswirkungen des Handelns in Kooperationen und Denkens in Szenarien beschränkt sich nicht nur auf den kommenden Winter und die Pandemie. Das sind positive Qualitäten, welche ein Unternehmen robuster machen. Die Aufgabe besteht darin, sich mit dem Unbekannten zu befassen. Es braucht Methoden oder einen Prozess, mit denen der Umgang mit dem Unbekannten zu einer bekannten Aufgabe wird. Diese Fähigkeiten helfen nicht nur in der aktuellen Situation, sondern eröffnen auch Räume für innovative Entwicklungen in der Zukunft.

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