Leukerbad

BergAnsichten: vom Transportunternehmen – zum Erlebnisanbieter – zur integrierten Tourismusunternehmung

Kommentar von Edgar Grämiger in Internationale Seilbahn-Rundschau 4/2021 ISR


Bergbahnunternehmen von vor 30 Jahren sind nicht zu vergleichen mit den modernen Unternehmen von heute. Nichts ist so beständig wie der Wandel, doch wo führt er hin?


Transportleistung und Pistenqualität

In den 80er und auch in den 90er Jahren lag der Fokus eines Bergbahnunternehmens auf dem effizienten Betrieb und Ausbau der Transportinfrastruktur. Die Gäste waren zufrieden, wenn sie dank modernerer Anlagen rasch auf den Berg gelangten. Die Pisten- und Servicequalität (z.B. Anstehen) war wichtig, aber eher zweitrangig.


Attraktives Bergerlebnis

Ausreichend Transportleistung und eine ordentliche Pistenqualität war im hartumkämpften, gesättigten Markt allerdings bald nicht mehr der allesentscheidende Kaufgrund. Die attraktive Produktgestaltung «Bergerlebnis» rückte in den letzten 20 Jahren in den Fokus und die Entwicklung «vom Transportunternehmen zum Erlebnisanbieter» war der logische Schritt.

Diesen Wandel haben mittlerweile zwar nicht alle, aber die meisten Unternehmen vollzogen. Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft. Wir sehen vor allem im Winterangebot Chancen für einen zielgruppen-spezifischen Erlebnisausbau; Funslopes für Kinder, Snowparks und Treffpunkte für Jugendliche oder Kulinarik- und Sonnenterrassenrunden für Genuss-Skifahrer und Winterwanderer.

Es sind vom Glück beschenkte Destinationen, bei denen in der freien Natur einzigartige Bergerlebnisse (z.B. Drei Zinnen) zu finden sind. Alle anderen sind umso mehr gefordert Erlebnisse zu erschaffen und zu inszenieren; wie z.B. das Arosa Bärenland oder der Triassic Parc auf der Waidringer Steinplatte. Diese Unternehmen haben die Frage nach der kreativen Schaffung von unvergesslichen Bergerlebnissen richtig beantwortet.

Eine Anschlussfrage, welche sich aber jeder Erlebnisgestalter stellen muss, lautet: «Welche Interaktionen während eines Aufenthalts beeinflussen das Gästeerlebnis auch noch?». So etwa spielen bei Übernachtungsgästen die Mobilität am Ort, die Unterkunft, das Mietangebot, Skilehrer, Bike-Coaches oder Bergführer und schliesslich die Fahrt mit einer Pendelbahn, das Essen am Berg und die Pistenbeschaffenheit eine Rolle.


Ganzheitliches Gästeerlebnis

Es geht für ein modernes Bergbahnunternehmen nicht darum das ganzheitliche Gästeerlebnis zu «überwachen», sondern wo möglich Einfluss zu nehmen, dass die Angebotsqualität, die Preise und die Emotionen entlang der Customer Journey ein durchgängiges, positives Bild ergeben.

Und wie gelingt dies am besten? Durch einen organisatorischen – oder besser betrieblichen – Schulterschluss unter den beteiligten Anbietern. Grösserer Organisationseinheiten haben einen weiteren wesentlichen Vorteil, welcher in der Arbeitswelt immer wichtiger wird. Dank einem grösseren Mitarbeiterstamm kann auf allen Ebenen – vom Lernenden bis zum Management – eine Professionalisierung stattfinden. Insbesondere im Management sind spezialisierte Teams (Finanzern, Personalführung, Administration, Technik, …) der Weg zur Professionalisierung. Kein Einzelkämpfertum von Vorständen und Direktoren – die alles können müssen – mehr, sondern motivierende Teamarbeit!

Grössere Betriebseinheiten bieten zahlreiche Synergiepotenziale; etwa eine effizientere Administration aber auch Potenziale bei der Entwicklung von neuen, ganzjährigen Jobprofilen mit spannenden Entwicklungsperspektiven. Letzteres spricht besonders die jüngeren Mitarbeitenden und Nachwuchsführungskräfte an.

Machen Sie sich auf die Suche! Auf die Suche nach sinnvollen Betriebseinheiten für eine integrierte Tourismusunternehmung in ihrer Destination. Scheuen sie sich nicht z.B. Busbetriebe, Hallenbäder, Sportanlagen, Eisenbahn-Betriebe, Tourismusmarketing, Gastronomiebetriebe und Beherbergungsunternehmen in einem grösseren Netzwerk zusammenzuschliessen.

Strategische Entscheide wie diese sollen nicht überstürzt werden und verlangen einen klaren Aktionsplan. Beginnen Sie mit einer kritischen Mindestgrösse und nehmen Sie sich die Zeit, dass sich Betriebseinheiten festigen (z.B. Gastronomie, Beherbergung, Bergerlebnis, Tourismusmarketing) und Synergien schrittweise erschlossen werden können. Setzen Sie auf Betriebseinheiten die agile, selbstgesteuerte Teams mit einem klaren Aufgabenbereich sind. So bleibt das Unternehmen flexibel und steuerbar.

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